Die letzte Nacht auf der finnischen Grenzseite habe ich in meinem Zelt in dem Örtchen Parikkala geschlafen. Eine Empfehlung meines Navigationsgerätes für den kürzesten Weg nach Karelia in unser buddhistisches Retreat Zentrum. Voller Vorfreude auf Russland stehe ich schon um 7:00 Uhr auf und fahre 12 Kilometer bis zur Grenze. Da steht er: der Check Point nach Russland. Aber sonst steht hier nur ein Auto. Keine Zöllner und keine Menschen, die ebenfalls nach Russland einreisen wollen. Nur ein Schild in finnischer und russischer Sprache. Aber ich kann beides nicht lesen. Natürlich gibt es hier auch kein WLAN, das ich für eine Übersetzung mit dem Handy nutzen kann. Ich tippe alles ab und sende es per SMS zu einer Freundin im Zentrum Helsinki: Geöffnet von Montag – Freitag. Aber es ist Samstagmorgen 9:00 Uhr! Mein erster Gedanke: warum nicht einfach über die Grenze fahren, wenn kein Zöllner da ist? Aber die Idee habe ich schnell wieder verworfen, den ohne Einreise-Stempel in meinem Reisepass, wäre ich nicht mehr so leicht aus Russland herausgekommen. Die zweite Lösung: 60 Kilometer zurückfahren nach Imatra (24//7 geöffnet). Die Zufahrt an den finnischen Grenzposten ist für Autos einfach und klar beschildert. Fahrradfahrer sind hier keine bekannt. Mein Navi schlägt mir einen Waldweg vor und ich folge dem Hinweis ohne Bedenken. Ich lese etwas von Sperrzone und Sonderausweis, aber das gilt bestimmt nicht für Radfahrer. Dann sehe ich den finnischen Grenzübergang. Ich verlasse den Waldweg und fahre mangels Fahrspur quer über den Vorplatz direkt an die Grenzschranke. Sofort kommen drei Beamte auf mich zugelaufen. Sie erklären mir, das man nicht einfach aus dem Wald an die Grenze fahren darf. Dann prüfen sie meinen Reisepass intensiv. Alles ist in Ordnung. Und ich kann Finnland verlassen.
Dann bin ich endlich an der russischen Grenzanlage. Zuerst muss ich ein Einreiseformular ausfüllen. Die Grenzbeamtin gibt mit gleich 3 Formulare. Ich fülle alle 3 Formulare aus, bis ich erfahre, das ein Formular auch gereicht hätte. Dann weiter zur Passkontrolle und Visa Prüfung. Mein Pass wird 10 Minuten durch alle Scanner hin und her geschoben. Dann kommt ein Zöllner auf mich zu und fragt mich auf Deutsch, was ich den in Russland möchte und was mein Beruf ist. Ich antworte wahrheitsgemäß und darf zum nächsten Check Point gehen: Gepäckkontrolle! Alles in Ordnung und nun bin ich zum ersten Mal in meinem Leben in Russland. Jetzt muss ich die 60 Kilometer entlang der russischen Seite wieder zurückfahren. Es regnet und die Straßen sind matschig. Der verbleibende Asphalt auf der Straße wird von Trucks und Autos beansprucht. Mein Navi schlägt mir eine Route direkt an der Grenze vor, aber schon nach 5 Kilometern ist die Straße gesperrt. Durchfahrt nur für Grenzpolizei erlaubt. Also verlasse ich die Landstraße in Richtung Norden und suche mir eine neue Alternative in Richtung Osten. Schon nach wenigen Kilometern besitzt die Straße keinen Asphalt mehr. Die Fahrbahn besteht aus Lehm, faustgroßen Steinen und Schlaglöchern. Dann führt mich mein Navi auf Nebenstraßen immer weiter in die russischen Wälder. Steigungen von 18% zerren an meinen Kräften und die Wege werden immer schmaler. Nach einer Stunde auf sehr nassen und engen Waldwegen, entschließe ich mich für die Umkehr. Raus aus dem Wald auf eine breitere Nebenstraße. Es dauert nicht lange und dann kommt mir die Grenzpolizei in einem alten Lada entgegen. Natürlich werde ich angehalten und ausgiebig überprüft. Man macht Photos mit dem Handy von mir und meinem Pass. Schreibt alles sorgfältig in ein kleines Buch und lässt mich dann weiterfahren. Der Anblick des alten Ladas hat allerdings bei mir Erstaunen ausgelöst: So etwas rostiges und verbeultes habe ich selbst auf einem Schrottplatz noch nicht gesehen. Aber das scheint hier niemanden zu stören. Am Ende des Tages bin ich 159 Kilometer gefahren und habe keine Mühe sofort in meinem Zelt einzuschlafen. Am nächsten Tag bin ich schon früh auf der Schotterpiste und dann passiert es: Ich fahre in ein tiefes Schlagloch und die Halterung für meine Packtasche vorne links bricht. Die russischen Straßen fordern ihren Tribut an Zeit und Material. Trotz aller Schwierigkeiten erreiche ich gegen Abend das Retreat Zentrum in Karelia. Das Zentrum liegt direkt am See Ladoga und ist von wunderschöner Natur umgeben. Hier ist man Teil der Natur und man hat die Ruhe und Abgeschiedenheit, die man sich für eine kraftvolle Meditation wünscht. Die Menschen sind sehr freundlich und herzlich. Jeder kennt jeden in der Nachbarschaft und so kann man sich problemlos ein Boot für eine kleine Tour ausleihen. Das Essen ist sehr gesund und frisch. Hier schmeckt alles anders als in Deutschland. Aber man stellt sich schnell auf die neuen Bedingungen ein. Da man nicht immer über ein Auto verfügt, muss man auch schon Mal mit dem Fahrrad in die 10 Kilometer entfernte Stadt Sortavala zum Einkaufen fahren und frische Lebensmittel einkaufen. Nach dem Abendessen findet die gemeinsame Meditation statt und anschließend kann man die weißen Nächte genießen. In den ersten zwei July Wochen gab es einen Malkurs mit dem Künstler Dawa aus Nepal. Wir haben täglich von 9:00 bis 19:00 Uhr an unseren Bildern gearbeitet.
Das Kontrastprogramm hatte dann die Stadt St. Petersburg zu bieten. Prunk, Kultur und Architektur im Überfluss. In Puschkin habe ich den Katharinen Palast und das Bernsteinzimmer besucht. Natürlich war auch ein Besuch in der Hermitage sehr beeindruckend. Besonders hat mir die Bootsfahrt bei Nacht durch die Kanäle von St. Petersburg gefallen. Die Stadt mit ihren fünf Millionen Einwohnern ist schon sehr lebendig und bietet für jeden Geschmack etwas. Von einfachen Spaziergängen bis hin zu sündhaft teuren Restaurants und Shopping Zentren. Die Stadt erscheint nicht so typisch wie man sich eine russische Metropole vorstellt. Dies ist dem Einfluss des Zaren zu verdanken. Der Zar hat viele Architekten und Künstler aus Italien, Holland und Deutschland mit dem Bau von Palästen und Gärten beauftragt. Daher erscheint St. Petersburg auch als eine russische Stadt mit europäischen Akzenten.
whow, was spannend was du erlebst… vor Allem das Abenteuer in der Natur…dem finnisch-rusiischen Grenzgebiet… die Besonderheiten von Administration etc… chapeau…was du wuppst, dir zutraust und erlebst… respekt… was schön dich mit den Freunden im Buddhizentrum zu sehen…
Ganz viel Kraft und schutz und weierhin viele spannende Erlebnisse…wünsche ich dir
Ulrike (immenstadt)
karmapa chenno…
Schön, dass Du uns auf dem laufenden hältst… Immer, wenn ich denke, schon lange nichts mehr von Detlef gehört… Schwupps ein Foto auf Facebook oder ein Reisebericht… Weiterhin gute Reise und wunderschöne und gute Eindrücke! Liebe Grüße ??
Das klingt ja wirklich abenteuerlich! Toll, wie du die Schwierigkeiten und riesigen Umwege meisterst! Alles Gute weiterhin,
liebe Grüße,